Carnevale di Venezia
Den venezianischen Karneval gibt es schon seit 900 Jahren und bis heute hat er nichts von seiner Faszination verloren. Dieses weltberühmte Ereignis in der nicht minder berühmten Stadt zieht jedes Jahr im Januar und Februar Touristen aus aller Herren Länder an. Und so herrscht in den Calli, den Salizade, auf den Fondamenta und den Piazze ein reges Treiben; vor allem an den Wochenenden, wenn die Venezianer in ihren fantasievollen, aufwändig gestalteten Kostümen in den Gassen unterwegs sind. Die meisten Masken und Kostümierungen sieht man sicherlich auf dem Markusplatz und unter den Kolonnaden. Alle Welt flaniert auf und ab, es wird für Fotos posiert, man bahnt sich einen Weg durch die Menge und freut sich an der Farbenpracht.
Pest und Corona
Und obwohl der Carnevale di Venezia schon sehr lange gefeiert wird und viel Wert auf Tradition legt, hat er nicht immer in der heute bekannten Form stattgefunden. Darüber hinaus gab es immer wieder längere Unterbrechungen aus den unterschiedlichsten Gründen: mehrere Male wurde die Serenissima von der Pest heimgesucht und noch heute ist die weiße Maske des Pestdoktors mit ihrem charakteristischen langen Schnabel und zum Kostüm gehörenden schwarzen Umhang häufig in der feiernden Menge zu sehen. Zudem gab es über die Jahrhunderte politische Veränderungen wie die Angliederung der Republik Venedig an Österreich, die dazu führten, dass über viele Jahre kein Karneval stattfand. Die äußerst beliebte und erfolgreiche Neuauflage gibt es erst seit Ende der 1970er Jahre. Auch in den Jahren der Corona-Pandemie musste der Karneval abgesagt werden oder konnte nur unter strengen Auflagen stattfinden.
Der Dokumentarfilm von Andrea Segre „Moleküle der Erinnerung – Venedig, wie es niemand kennt“ (Molecole) von 2020 zeigt auf sehr eindringliche Weise, wie leer die Lagunenstadt im ersten Jahr der Pandemie von heute auf morgen war. Ein seltsam berührender Anblick mit einem ganz besonderen Reiz.
Fritelle, Galani, Castagnole
Selbstverständlich sind auch die Geschäfte geschmückt: überall sieht man Luftschlangen, Konfetti und Masken in den Schaufenstern. In den Pasticcerie, den italienischen Konditoreien, werden Frittelle di Carnevale, eine Art kleiner Krapfen mit Puderzucker, Galani (knusprige Teigstreifen) und Castagnole verkauft – Gebäck, das es nur in der Karnevalszeit gibt. Die Kinder werfen derweil möglichst viel Konfetti auf die Gassen, so dass es kaum einen Fleck in der Stadt gibt, der nicht mit bunten Schnipseln bedeckt wäre.
Literarische Reiseführer
An Reiseführern und Büchern über Venedig herrscht bekanntlich kein Mangel, ganz im Gegenteil. Daher seien an dieser Stelle meine Lieblingsbücher genannt, die ein wenig anders sind. Keine Reiseführer im klassischen Sinn, aber ganz wunderbare Bücher über eine wunderbare Stadt.
„Venedig ist ein Fisch“ von Tiziano Scarpa ist etwas für echte Venedig-Liebhaber. Der gebürtige Venezianer und preisgekrönte Autor bringt einem den Charakter seiner Heimatstadt näher und erzählt viele amüsante Anekdoten über das Leben in der Lagunenstadt, gibt Tipps und lenkt den Blick auf ungewöhnliche Details.
„Venedig, Geliebte des Auges“ ist 2015 erschienen und lässt ganz unterschiedliche, deutsche Autoren und Autorinnen mit einem sehr persönlichen Blick auf die Stadt zu Wort kommen. Dank der vielen schönen Fotos ist das großformatige Buch auch fürs Auge ein Genuss.
„VENEDIG, eine Augenreise“ aus dem DK-Verlag von 2019 ist ein weiterer wunderbarer Bildband für alle, die sich einfach nicht sattsehen können.
Kleines Glossar
Calle: Gasse
Salizada: gepflasterte Gasse (im Unterschied zu den Calli, die ursprünglich unbefestigte Gassen waren)
Fondamenta: begehbares Ufer mit Häusern auf der einen und einem Kanal auf der anderen Seite
Pasticceria: italienische Konditorei
Frittelle: kleine Faschingskrapfen
Galani: frittiertes Faschingsgebäck, je nach Gegend in Form von Streifen, Quadraten oder Rauten
Castagnole: frittierte Teigbällchen mit Zucker
Tatjana Heckmann
Übersetzerin für Englisch und Italienisch
Ich bin Fachübersetzerin und beschäftige mich beruflich hauptsächlich mit Texten im Bereich Maschinen- und Anlagenbau. Des Weiteren fertige ich als beeidigte Übersetzerin beglaubigte Übersetzungen von Urkunden und Verträgen an.
In der Rubrik et cetera schreibe ich über Themen aus meinem Berufsalltag und über alles, was mich an Sprache und Kultur darüber hinaus interessiert.